Mit einer einfühlsamen Rede der ersten stellvertretenden Bürgermeisterin Melanie Toedt gedachten Hartenholmer Bürgerinnen und Bürger, sowie Vertreterinnen und Vertreter der Kirche, anlässlich des Volkstrauertages den Gefallenen am Ehrenmal. Anbei die Gedanken nich einmal zum Nachlesen:
Rede zum Volkstrauertag 2025
Thema: „Wandel durch Friedensprozesse, Friedensschlüsse und Kriegsfolgen“
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Anwesende, auch in diesem Jahr möchte ich meine Gedanken zum Volkstrauertag mit einem Lied verbinden, das ich ganz bewusst für diesen Anlass ausgewählt habe. Schon im vergangenen Jahr war es mir wichtig, Musik als Brücke zu nutzen – zwischen Erinnerung und Gegenwart, zwischen Trauer und Hoffnung. Denn Musik erreicht oft, was Worte allein nicht können: sie geht unter die Haut und mitten ins Herz.
In diesem Jahr habe ich mich für ein Lied entschieden, das viele von Ihnen sicherlich kennen – und das nichts an Aktualität verloren hat: „Meine Söhne geb’ ich nicht“ von Reinhard Mey. Bevor ich meine Rede fortsetze, hören wir gemeinsam hinein. Ich lade Sie ein, zuzuhören – mit offenem Herzen.
Wenn Reinhard Mey in diesem Lied singt:
„Ich denk, ich hör sie wieder, die alten Lieder lügen, von Ruhm und Ehre, Vaterland, von Tapferkeit und Siegen…“ – dann ist das kein Lied über die Vergangenheit, sondern ein Lied über die Gegenwart und unsere Verantwortung.
Der Volkstrauertag ist kein bloßes Ritual. Er ist ein Tag, der uns daran erinnert, dass Frieden nie selbstverständlich ist. Hier, am Ehrenmal in Hartenholm, denken wir an die Menschen, deren Namen auf diesen Steinen stehen. Sie waren Teil unserer Gemeinde – sie hatten Familien, Hoffnungen, ein Zuhause. Wir gedenken ihrer – nicht, um Geschichte zu wiederholen, sondern um zu verstehen, welchen Preis Krieg immer hat: Verlust, Leid, Zerstörung, Sprachlosigkeit.
Das diesjährige Thema des Volkstrauertags lautet: „Wandel durch Friedensprozesse, Friedensschlüsse und Kriegsfolgen.“ Es erinnert uns daran, dass der Weg zum Frieden kein Ereignis, sondern ein Prozess ist – ein mühsamer, manchmal schmerzhafter, aber notwendiger Weg. Frieden wächst, wenn Menschen die Kraft finden, einander zuzuhören, wenn sie Brücken bauen, wo zuvor nur Trümmer lagen, und wenn sie erkennen, dass Versöhnung kein politischer Vertrag ist, sondern eine menschliche Haltung.
Wenn wir heute auf die Welt schauen – in die Ukraine, nach Israel und Gaza, in so viele Regionen der Erde – dann sehen wir, wie zerbrechlich Frieden ist. Aber wir dürfen uns nicht abwenden. Denn Gleichgültigkeit ist der erste Schritt in die falsche Richtung. Frieden beginnt im Kleinen: in der Sprache, die wir wählen, in der Art, wie wir mit anderen umgehen, im Mut, nicht mitzumachen, wenn Hass laut wird.
Reinhard Mey singt weiter:
„Und wenn ihr wieder fragt: Wo seid ihr nur geblieben? Ich hab sie euch nicht gegeben – meine Söhne geb’ ich nicht!“
Das ist kein Protestlied allein – es ist ein Schwur. Ein Schwur, nie wieder Menschenleben für Macht oder Ideologie zu opfern. Diese Zeilen fordern uns heraus – nicht nur als Eltern oder Großeltern, sondern als Bürgerinnen und Bürger, als Menschen in einer Demokratie, die wir Tag für Tag schützen und gestalten müssen.
Wir können die Vergangenheit nicht ändern – aber wir können aus ihr lernen. Der Wandel, von dem das diesjährige Motto spricht, beginnt nicht in fernen Verhandlungen, sondern in unseren Herzen. Frieden braucht Menschen, die hinsehen, die zuhören, die trösten und die sich nicht abfinden mit Unrecht und Gewalt.
Heute gedenken wir der Opfer von Krieg und Gewalt – in Hartenholm, in Deutschland, überall auf der Welt. Und wir versprechen: Wir vergessen sie nicht. Aber wir tragen ihren Auftrag weiter – in unserem Handeln, in unserer Haltung, und in unserem täglichen Bemühen um Menschlichkeit.
„Meine Söhne geb’ ich nicht“ – möge dieser Satz zu einer inneren Haltung werden, die uns leitet: Nie wieder Krieg. Aber immer – Frieden.